Herr Schröder und die Liebe

Wo Schröder schon überall war

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Herr Schröder und die Liebe

Da wird sie Augen machen, denkt Herr Schröder. Damit rechnet sie nie. Er erinnert sich gar nicht daran, wann er das letzte Mal an diesen Tag gedacht hat. Wenn er ganz ehrlich mit sich selbst ist, hatte er eine Zeitlang gar nicht mehr auf dem Schirm, dass es der 14. Februar ist.
Als er letzte Woche ein total verliebtes Paar im Schmuckgeschäft hat stehen sehen, das locker zehn Jahre älter gewesen sein musste als er selbst, hat er beschlossen: Dieses Jahr überrasche ich Julia auch zum Valentinstag. Er spürt so eine kindliche Aufregung, als er jetzt im selben Schmuckgeschäft steht und sich die wunderschönen Armbänder zeigen lässt.
„Die können Sie immer wieder erweitern oder verändern“, erklärt ihm die Verkäuferin, „Sie können ja zum Beispiel mit zwei Charms anfangen.“ Herr Schröder staunt nicht schlecht, als sie ihm die Riesenauswahl zeigt. Meine Güte, die haben ja alles Mögliche. Und zum Valentinstag sogar eine Schmuckbox in Herzform. Ihm selbst wird ganz warm ums Herz.
„Gut, das nehme ich. Und bitte auch in der schönen Herzdose.“
„Wie heißt denn Ihre Frau?“, fragt die Verkäuferin, während sie alles hübsch verpackt.
„Julia.“
„Na, da wird sie sich aber freuen, wenn ihr Romeo sie nächste Woche überrascht.“
Da wird Herr Schröder ein bisschen rot.

Aber nicht so rot, wie die knalligen BHs, vor denen er kurz darauf im Obergeschoss steht. Oh Mann ... ob er sich da zu viel vorgenommen hat? Mit dem Schmuck macht er nicht viel falsch, da ist er sicher. Aber diese ganzen BHs hier ... böhmische Dörfer.
„Suchen Sie was Bestimmtes? Kann ich Ihnen helfen?“ Eine freundliche Stimme hinter ihm. Er dreht sich um und zuckt die Schultern. „Ehrlich gesagt ...“
„... haben Sie Ihrer Frau noch nie heimlich einen BH gekauft, stimmt’s?“
Herr Schröder nickt.
„Dann tun Sie es auch jetzt besser nicht, Sie haben ja auch schon ein Geschenk, wie ich sehe. Machen Sie doch Folgendes: Schauen Sie zu Hause einfach mal in einer ruhigen Minute, welche BH-Größe Ihre Frau hat. Und dann fragen Sie sie mal so durch die Blume nach Ihrer Lieblingsfarbe. Bringt ja nichts, wenn sie Ihnen gefällt und sich selbst nicht. Und dann kommen Sie wieder.“
Herr Schröder nickt wieder und verlässt das Geschäft. Er ist ziemlich zufrieden – auch so kann eine gute Beratung aussehen.

Was eben nicht ging, geht jetzt ganz prima: Ausprobieren. Herr Schröder zieht im nächsten Geschäft einen dieser vielen weißen Duftstreifen aus dem Regal. Und sprüht. Und schüttelt. Und nimmt den nächsten Zettel. Oh Mann, was für eine Auswahl. Vielleicht was Leichtes? Es ist bald Frühling und schwere Düfte hat sie genug. Etwas von Dior vielleicht? Ah, was ist das denn? Mon Paris. Fruchtig, frisch, intensiv. Herr Schröder atmet den Duft tief ein ... und plötzlich schlendert er mit Julia Hand in Hand durch Paris, in einem Sommer vor knapp 20 Jahren, die Sonne scheint, ein leichter Wind weht, vor ihnen erhebt sich der Eiffelturm in den Himmel und ... er öffnet die Augen wieder. Ja, das ist es: Mon Paris. Und wie wunderschön es hier in der Parfümerie verpackt wird! Herr Schröder hat sich lange nicht mehr so auf einen Tag gefreut wie jetzt auf diesen Valentinstag. Er blickt auf die Uhr: Seine Mittagspause ist noch nicht vorbei. Mal schauen, vielleicht geht er gleich noch ins Reisebüro ...

Vom Reisebüro mal abgesehen: In welchen Geschäften Herr Schröder diesmal wohl unterwegs war? 

Herr Schröder und die Liebe