Schröder liest ein Buch

Wo Schröder schon überall war

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Schröder liest ein Buch

„Hatschi!“
Fast hätte Herr Schröder in den Ärmel seiner schönen neuen engbers-Jacke geniest. Aber seine Hand mit dem Taschentuch war schneller.
„Gesundheit!“, raunzt eine ältere Dame, die sich vor dem Buchregal an ihm vorbeischlängelt. Sie klingt irgendwie vorwurfsvoll. Was kann er dafür, dass der Neusser neulich total verschnupft ins Büro kam und die halbe Abteilung angesteckt hat? Und ihn gleich mit, deshalb ist er die Woche über krankgeschrieben, und eigentlich gehört er auch ins Bett. Oder zumindest auf die Couch.
Da hat er auch die letzten drei Tage verbracht, bis es Julia heute morgen zu bunt geworden ist. Klick – und der Fernseher war aus. „So, Tom, jetzt ist Schluss. Ich kann diesen Schwachsinn da nicht sehr sehen. Lies mal ein Buch.“
Herr Schröder ist jetzt nicht so die Leseratte, und die vielen Frauenromane, die Julia im Regal stehen hat, sind auch nicht seins. Wenn, dann soll ruhig auch ein Toter drin vorkommen. Hat er Julia auch gesagt.
Sie hat nicht lang gezögert: „Ja, dann geh doch einfach mal in ne Buchhandlung ...“, und, nach einer kurzen Pause des Zögerns: „Hey, weißt du noch? Neulich in der Zeitung gab es doch diesen Krimi, der spielt in Wuppertal. Da gibt es auch einen Roman zu. Der Kommissar und sein Kind, glaube ich.“
Herr Schröder hat die Schultern gezuckt. Naja, warum nicht. Aber woher nehmen?
„Klingt nicht schlecht, nur ... mit dem Schnupfen kann ich ja kaum raus ...“
„Ach, jetzt hör aber auf! Ist schon ein Witz, dass du überhaupt krankgeschrieben bist. Komm, ich fahr auch, muss eh noch in den Akzenta.“

Dort ist seine Frau jetzt auch, und Herr Schröder steht am anderen Ende der Arkaden vor einem Regal mit regionalen Krimis. Und sucht. Und sucht. Und niest.„Gesundheit“, sagt wieder jemand. Diesmal klingt es netter. Er dreht sich um und eine freundliche Buchhändlerin lächelt ihn an. „Darf's also was Spannendes sein?“
„Äh ... ja, der Kommissar und ... sein Kind ... oder so ... Krimi aus Wuppertal ... haben Sie das?“
„Kommen Sie mal mit.“
Sekunden später stehen die beiden an einer der Kundeninfos. Die Buchhändlerin fixiert den Bildschirm. „Hm ... ah, da! Kann ich bestellen ... wobei ... den gibt es ja auch als E-Book.“
Herr Schröder schüttelt den Kopf. „Nee, ham wir nicht, so’n Gerät.“
„Kann man ja ändern“, sagt die Buchhändlerin lächelnd und zaubert wie aus dem Nichts einen Tolino hervor. „Hier, schauen Sie mal. Der ist gerade im Angebot. Da passen ohne Ende Bücher drauf. Nehmen Sie ihn mal in die Hand. Total leicht. Und im Urlaub ist der so genial ...“

Kurz darauf wartet Herr Schröder vor dem Akzenta auf seine Frau. Aber er wartet nicht nur. Er ist längst in seinen Krimi vertieft. Den hat ihm die Buchhändlerin direkt mal auf dieses neue Wunderteil drauf geladen, nachdem er es gekauft hat. Echt spannend ...!
„To-hom! Ich rede mit dir!“
Er schreckt hoch, wie aus einem Traum erwacht. Sie schaut erst ihn irritiert an, dann seinen E-Book-Reader.
Er lächelt nur. „Ach, du bist du ja! Entschuldige, aber ich war gerade so ...“
„Das sehe ich. Du solltest dir ein Buch kaufen und keine ganze Biblio...“
„Doch, doch Julia, das Teil ist der Hammer. Moment ... halt mal kurz ... hatschiii ...! Also es wird echt Zeit, dass ich wieder auf meine Couch komme. Übrigens: Auf dem Ding ist auch ganz viel Platz für deine Frauenromane. Aber ich bin erster!“